Cloud Gaming: Zocken zu jeder Zeit, an jedem Ort?

Ich bin im Urlaub und es regnet am laufenden Band. Ich habe mein Notebook dabei und das Hotel bietet kostenloses Highspeed-WLAN. Also werfe ich meinen Laptop an, logge mich ein und spiele das neueste Battlefield – natürlich butterweich auf maximalen Details.

 

Sie sagen nun sicher, dass diese Geschichte frei erfunden ist – und Sie haben recht. Denn ich war in letzter Zeit nicht im Urlaub. Denkbar wäre dieses Szenario aber durchaus – mit Cloud-Gaming. Ein Fan dieser Technik werde ich so schnell allerdings noch nicht, obgleich sie grundsätzlich eine gute Sache ist – und eine grosse Zukunft hat.

Cloud-Gaming: So geht‘s

Spielen via Miet-PC

Bisher lief es immer so: Aufwendige Spiele geniesse ich an meinem Desktop-PC, der mit einer starken Grafikkarte ausgestattet ist. Oder an meiner Xbox One S. Die Grafikqualität vieler moderner Spiele, die immer mehr Realfilmen ähnelt, wird von meinem PC oder der Konsole bei mir vor Ort berechnet.

 

Doch nun kann man Spiele bei Cloud-Anbietern auch direkt über das Internet spielen, wo per Monatsabo oder stundenweise gemietete „virtuelle“ PCs die Grafik berechnen und als Videostream zu meinem Endgerät senden – egal wo ich mich gerade befinde. Ich bediene den gemieteten PC dabei dann aus der Ferne. Dieses Konzept nennt sich Cloud-Gaming.

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So funktioniert der Spiele-Upload

Will ich das aufwendige Rollenspiel Kingdom Come: Deliverance auf hohen Details geniessen, brauche ich freilich einen deutlich stärkeren und teureren Miet-PC als wenn ich World of Warcraft auf der mittleren Detailstufe spielen möchte. Meine Spiele lade ich nicht selber zu dem gemieteten PC hoch, sondern fernsteuere den Miet-PC, starte auf diesem PC den Download für ein Spiel, zu dem ich eine Lizenz besitze, so dass es auf dem Festplattenspeicher des Cloud-Gaming-Anbieters installiert und mit meinem Account verknüpft wird.


Es gibt auch Cloud-Gaming-Anbieter, die neben der Hardware bereits vorinstallierte Spiele in ihrem Abo anbieten – die Auswahl ist derzeit jedoch sehr überschaubar.

Sony macht’s vor

Sony sticht da als Positiv-Beispiel heraus: Mit dem Abo-Angebot Playstation Now kann ich für knapp 15 Euro pro Monat mehr als 500 Playstation-Spiele streamen, und zwar nicht nur auf einer Playstation, sondern auch auf einem PC oder Laptop. Ich kann mir zudem gut vorstellen, dass die Spiele per App in Zukunft auch auf einem Smart-TV verfügbar sind.


Mit dem Xbox Game Pass hat auch Microsoft bereits die ersten Weichen für die neue Art des Gamings gestellt. Mit dem Game Pass kann ich über 100 Spiele auf meiner Xbox installieren und spielen, so lange das Abo aktiv ist. Diese Spiele auch als Stream anzubieten wäre nur ein logischer nächster Schritt.

Cloud Gaming: Eine Frage des Typs

Ersatz oder Add-on für den Spiele-PC?

Neben der bisher noch überschaubaren Spieleauswahl stellt sich mir noch eine andere Frage: Möchte ich meinen Spiele-PC oder meine Spielekonsole zu Hause komplett ersetzen, oder geht es mir nur darum, dass ich auch ausser Haus aufwendige Spiele zocken kann?
 

Mit Cloud-Gaming wäre es theoretisch unnötig, einen eigenen PC oder eine eigene Konsole zu besitzen. Weil ich viel spiele, besitze ich jedoch bereits einen starken PC und eine Spielekonsole. Den PC kann ich durch das Nachrüsten einer Grafikarte bei Bedarf jederzeit auf den aktuellen Stand bringen. Per Cloud-Gaming-Abo könnte ich etwas Platz in der Wohnung schaffen und meine Stromkosten senken ... wobei, der Strom  wird auch von Cloud-Gaming-Anbietern mit eingepreist.
 

Ein denkbares Szenario wäre lediglich eine Situation wie anfangs beschrieben: Ich bin im Urlaub und muss die Zeit totschlagen.

Persönliche Ansprüche sind ausschlaggebend

Für Vielspieler wie mich ist schnell der Punkt erreicht, an dem die Abo- oder Mietkosten den Preis eines neuen PCs, einer Aufrüstung oder einer Konsole übersteigen. Zudem ist es für mich persönlich irrelevant, dass ich per Cloud-Gaming flexibler auch unterwegs spielen kann.

 

Für andere Zocker wird die Technik aber gerade aufgrund der Flexibilität attraktiv.Denn Cloud Gaming heisst volle Qualität an jedem Ort – solange die Internetverbindung stimmt. Auch für Gelegenheitszocker kann sich der Cloud-PC eventuell lohnen – schliesslich können sie sich so regelmässiges Aufrüsten eines eigenen Spiele-PCs sparen.

 

 

Sie sehen also: Ein allgemeingültiges Urteil lässt sich derzeit nicht treffen – je nach Spielertyp und persönlichen Ansprüchen kann Cloud-Gaming auch jetzt bereits eine gute Option sein.

Ausschlaggebend: die Qualität der Internetverbindung

Schauen wir nochmal auf die technische Seite:  die Daten von meinem Endgerät, mit dem ich den Cloud-PC steuere, müssen erst zu den Servern des Anbieters gelangen. Dort wird das Bild berechnet und zu mir gesendet. Beide Vorgänge sind mit einer Latenz (also einer kleinen Verzögerung) belastet. Ich bin also stärker auf die Qualität meiner Internetverbindung angewiesen, die auf diese Weise plötzlich selbst für Einzelspieler-Titel zum Problem werden kann, die ich mit einem eigenen PC offline spielen könnte.

 

Hinzu kommt der sogenannte Ping, der bei Online-Spielen per Cloud-Gaming doppelt zuschlägt. Einerseits durch den Ping zum Miet-PC und dann noch einmal durch den Ping zum Spiele-Server. 

Diese technischen Hürden lassen mich Cloud-Gaming überaus skeptisch gegenüberstehen. Allerdings berichten zahlreiche Nutzer von entsprechenden Services, dass sie mit der Verbindungsqualität zufrieden sind. Vor allem wenn es nicht um kompetitive Online-Spiele geht, ist eine kleine Latenz zu verkraften.

Mein Fazit

Aufgrund meines persönlichen Gaming-Verhaltens und der technischen Voraussetzungen nutze ich Cloud-Gaming derzeit noch nicht. Allerdings erwarte ich, dass diese Art des Gamings, vor allem in Verbindung mit einer Art Spiele-Flatrate, eine grosse Zukunft haben wird.

Aktuell spannend ist das Thema meiner Einschätzung nach zunächst aber primär für Gelegenheitsspieler, die nicht ohnehin bereits Spiele-Hardware zu Hause stehen haben. Denn die Aussichten sind verführerisch: Für vielleicht 10 Euro im Monat könnte eine grosse Auswahl an Spielen per Streaming zur Verfügung stehen, und man benötigt keinen teuren PC oder eine Spielekonsole. Bei Smart-TVs wird in einigen Jahren vermutlich eine passende App für diverse Cloud-Gaming-Services bereits eingebaut sein, Controller könnte man per Bluetooth mit dem TV verbinden. Auf Tablets und Smartphones werden Cloud-Gaming-Apps einfach per Touchscreen gesteuert. Cloud-Gaming wird ein wichtiger Teil der Spiele-Zukunft – steckt derzeit aber noch in den Kinderschuhen.

Antonio Funes ist seit vielen Jahren als Autor für Fachmagazine wie PC Games und SFT tätig. Seine Schwerpunkte sind PC-Hardware für Gamer sowie passendes Zubehör. Auch mit den Bereichen Spielekonsolen, Telekommunikation und Home-Entertainment befasst er sich regelmässig.

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